Abschlagszahlung bei wesentlichen Mängeln nach neuem und altem Baurecht
OLG München, Urteil vom 13.01.2016, Aktenzeichen 28 U 2481/15 (Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen, Aktenzeichen VII ZR 28/16)

Sachverhalt:

Der Bauherr beauftragte vor dem 01.01.2018 ein Bauunternehmen mit Ausführung von Fassadenarbeiten. Nach Fertigstellung der Arbeiten verlangte das Bauunternehmen vom Bauherren seinen Werklohn. Nachdem der Bauherr nicht zahlte, erhob das Bauunternehmen Klage auf ausstehenden Werklohn. Das Landgericht München wies die Klage ab, da die Fassadenarbeiten nicht abgenommen seien und damit die Fälligkeit des Werklohnes noch nicht vorliege. Ebenso sei auch eine Abnahme nicht ausnahmsweise entbehrlich, nachdem die Fassadenarbeiten erhebliche Mängel aufweisen würden. Im Berufungsverfahren macht der Bauunternehmer nun geltend, dass er seine Klage hilfsweise auf seinen Anspruch auf Abschlagszahlungen und nicht nur auf die Schlussrechnung gestützt habe. Schließlich hinge die Fälligkeit einer Abschlagszahlung nicht von der Abnahme der Werkleistung ab. Ist die Ansicht des Bauunternehmens zutreffend?

Entscheidung:

Das OLG wies die Berufung des Bauunternehmens zurück. Nachdem der Bauvertrag vor dem 01.01.2018 abgeschlossen wurde, gilt § 632a BGB (Regelung zur Abschlagszahlungen) in der bis dahin geltende Fassung. Hierin heißt es, dass Abschlagszahlung wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigert werden dürfen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei wesentlichen Mängeln von vornherein kein Anspruch auf Abschlagszahlung besteht. Nachdem die Fassadenarbeiten weiterhin erhebliche Mängel aufwiesen, konnte der Bauunternehmer auch nicht hilfsweise seine Vergütung auf Abschlagszahlungen stützen.

Praxishinweis:

Nach dem am 01.01.2018 in Kraft getretenen neuen Baurecht hat sich die Rechtslage nunmehr zugunsten des Bauunternehmers geändert. Gemäß § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Bauherr bei nicht vertragsgemäßer Leistung nunmehr dazu berechtigt, die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlages zu verweigern. Angemessen ist in der Regel das Doppelte der Mangelbeseitigungskosten. Dies bedeutet jedoch, dass der Bauherr auch bei wesentlichen Mängeln nicht die vollständige Abschlagszahlung verweigern kann, wenn die Abschlagszahlung höher ist als das Doppelte der Mangelbeseitigungskosten. Somit ist auch bei wesentlichen Mängeln lediglich die Höhe der Abschlagszahlung in Höhe der doppelten Mangelbeseitigungskosten zu reduzieren.

Für den VOB/B-Vertrag hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein Bauunternehmer sich hilfsweise auf den Abschlagszahlungsanspruch stützen kann, wenn der Auftraggeber die Abnahme und Abnahmereife bestreitet (BGH IBR 2000, 479). Dies ist nunmehr auch beim BGB-Vertrag möglich. Ungeklärt ist jedoch weiterhin, ob bei Mängeln der Werkleistung der Anspruch auf Abschlagszahlung in voller Höhe besteht (also so, als wenn der Unternehmer mangelfrei geleistet hätte) und der Besteller dem Anspruch tatsächlich ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten kann (so wird dies bei VOB/B-Verträgen gehandhabt) oder ob der Anspruch auf Abschlagszahlung schon dem Grunde nach besteht, nur gekürzt um das Doppelte der Mangelbeseitigungskosten. Dies muss gerichtlich noch entschieden werden.

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