OLG Zweibrücken, Urteil vom 02.09.2016, Aktenzeichen 2 U 29/15 (Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen, Aktenzeichen VII ZR 228/16)

Sachverhalt:

Ein Architekt wurde im Jahr 1993 mit der Planung und Überwachung des Umbaus eines vermieteten Mehrfamilienhauses beauftragt. Die Arbeiten wurden im Jahr 1995 abgeschlossen. Im Januar 1996 erhielt der Bauherr die Honorarschlussrechnung des Architekten. Nach der Übersendung der Honorarschlussrechnung kam es zwischen den Parteien aufgrund zahlreicher Planung- und Bauüberwachungsfehler zum Streit. Ca. zehn Jahre nach Übermittlung der Honorarschlussrechnung erhielt der Bauherr vom Architekten eine weitere Honorarschlussrechnung, mit der der Architekt infolge angeblich höherer anrechenbaren Kosten und einer geänderten Honorarzoneneinordnung nun ein um rund 10.000 € höheres Honorar geltend machte. Gegenüber den gerichtlich geltend gemachten Mängelansprüchen des Bauherren rechnete der Architekt mit seinem neu berechneten Honoraranspruch auf.

Entscheidung:

Das OLG hat die Aufrechnung des Architekten zurückgewiesen. Nach Rechtsprechung des BGH (IBR 2016,18) ist ein Architekt grundsätzlich nicht an eine von ihm bereits erteilte Schlussrechnung gebunden, in der er sein Honorar unvollständig berechnet hat. Schließlich liege in der Erteilung der Schlussrechnung kein Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Forderungen. Der Architekt kann vielmehr auf seinen nach den Mindestsätzen berechneten Honoraranspruch in vollem Umfang bestehen.

Nur ausnahmsweise ist der Architekt nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB an seine ursprüngliche Schlussrechnung gebunden. Dies ist dann der Fall, wenn der Auftraggeber auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und er sich im berechtigten Vertrauen auf deren Endgültigkeit schutzwürdiger Weise so eingerichtet hat, dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall bejahte das OLG einen solchen Vertrauensschutz des Bauherren. Das OLG begründete dies mit dem erheblichen Zeitablauf zwischen der Ursprungsschlussrechnung und der Neuberechnung von ca. zehn Jahren. Überdies hatte der Architekt nach seiner ersten Honorarschlussrechnung mehrfach ausdrücklich schriftlich erklärt, dass er eine abschließende Berechnung gemäß der HOAI vorgenommen habe. Überdies konnte der Bauherr belegen, dass er sich bereits darauf eingerichtet hatte, dass nicht mehr mit weitergehenden Honorarforderungen des Architekten zu rechnen sei.

Praxishinweis:

Damit hat das OLG nochmals die Ansicht des BGH bestätigt, dass grundsätzlich keine Bindung an eine erteilte Honorarschlussrechnung besteht. Vielmehr ist die Bindung an eine ursprüngliche Honorarschlussrechnung die Ausnahme. Bei Schlussrechnungen nach der VOB/B (§ 16 VOB/B) und bei Bauverträgen ab dem 1.1.2018 (§ 650g BGB) beginnt die Verjährungsfrist erst dann, wenn die Schlussrechnung auch prüfbar ist. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass die Verjährungsfrist mangels Prüfbarkeit der Schlussrechnung mehrere Jahre nach hinten geschoben wird. Dies wiederum kann der Auftraggeber dadurch verhindern, indem der Auftraggeber den Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Stellung eine prüfbare Schlussrechnung setzt. Nach Ablauf dieser Frist muss sich der Auftragnehmer so behandeln lassen, als habe er innerhalb angemessener Frist eine Rechnung tatsächlich erteilt, womit dann die Verjährungsfrist am Ende dieses Jahres zu laufen beginnt (BGH NJW-RR 1986, 1279; BGH NJW-RR 2000,386).

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