Autor: Rechtsanwalt Wolfgang Heinicke,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Häufig ist bei Geltendmachung der letzten Rate aus einem Bauträgervertrag durch den Bauträger die Frage strittig, ob eine vollständige Fertigstellung bereits erfolgt ist. Denn diese ist Voraussetzung für deren Fälligkeit. Wann dies der Fall ist und wann demnach die letzte Rate zur Zahlung fällig ist, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt, obwohl un-serer Auffassung nach der BGH dies Frage bereits geklärt hat.

Hierzu gibt es nun eine Entscheidung des OLG Hamm (Aktenzeichen 21 U 14/07, Urteil vom 03.07.2007).

Das OLG Hamm hat in der genannten Entscheidung die Auffassung vertreten, dass eine vollständige Fertigstellung dann vorliegt, wenn zum einen eine Abnahme erfolgt ist und zum anderen die im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel vollständig beseitigt sind. Tritt jedoch nach Erstellung des Abnahmeprotokolls ein weiterer, sei es auch ein wesentlicher, Mangel auf, so führe dies nicht dazu, dass die Fälligkeit der letzten Kaufpreisrate nicht eintrete, wenn dieser wesentliche Mangel noch besteht, jedoch sämtliche Mängel aus dem Abnahmeprotokoll abgearbeitet sind. Dann sei der Käufer auf die allgemeinen Rechte aus Gewährleistung beschränkt.

Wir halten diese Entscheidung des OLG Hamm nicht für zutreffend. Da jedoch nicht auszuschließen ist, dass sich ande-re Gerichte dieser Auffassung anschließen, sollte besondere Sorgfalt auf die Abnahme und die Erstellung des Abnahmeprotokolls verwandt werden.

Unserer Auffassung nach widerspricht diese Entscheidung einer Entscheidung des BGH vom 30.04.1998, Aktenzeichen VII ZR 47/97. Dort hatte sich der BGH grundsätzlich mit der Frage befasst, welche Rechte ein einzelner Eigentümer bezüglich des Gemeinschaftseigentums geltend machen kann.

Jedoch hat er zur Fälligkeit der letzten Kaufpreisrate aus einem Bauvertrag in Übereinstimmung mit dem überprüften Ur-teil eine vertragliche Vereinbarung der Parteien über die Fälligkeit der letzten Rate, die § 3 Abs. 2 der Makler- und Bau-trägerverordnung (MaBV) entsprach, so ausgelegt, dass der Erwerber die letzte Rate erst dann zu zahlen hat, wenn und soweit die vorleistungspflichtige Bauträgerin sämtliche Arbeiten erbracht und alle wesentlichen Mängel behoben hat. Der BGH hat in dieser Entscheidung nicht auf das Abnahmeprotokoll oder den Inhalt des Abnahmeprotokolls abgestellt. Diese Darstellung des BGH ist eindeutig. Damit widerspricht die Entscheidung des OLG Hamm dieser Entscheidung des BGH.

Die MaBV macht die Zahlung der Übergaberate von der Bezugsfertigkeit und der Besitzübergabe abhängig. Auf die Ab-nahme nimmt die Makler- und Bauträgerverordnung nicht Bezug. Die Übergaberate ist daher bei Vorliegen dieser Vor-aussetzungen fällig und zwar unabhängig davon, ob die Abnahme erklärt wurde.

Auch bei der Fertigstellungsrate nimmt die MaBV in keiner Weise auf die Abnahme Bezug, so dass es bei einer Ausle-gung des Begriffs der „vollständigen Fertigstellung“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bleiben muss. Dieser Begriff kann jedoch nur so ausgelegt werden, dass wirklich das Werk, eventuell mit Ausnahme kleinster Mängel, so vollständig fertig gestellt ist, dass keine wesentlichen Mängel noch vorhanden sind. Dies ist objektiv zu beurteilen, nicht beschränkt auf einen Kenntnisstand bei einer Abnahme, der ja auf jeden Fall noch weitere Arbeiten folgen. Dass dies anders zu beurteilen wäre, findet jedenfalls in der MaBV  keinerlei Grundlage. Demnach ist unserer Auffassung nach der Begriff der „vollständigen Fertigstellung“ auch unabhängig von der Abnahme oder den im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängeln zu beurteilen.

Wir sind der Auffassung, dass dies auch der Rechtsprechung des BGH entspricht und das OLG Hamm in seiner Entscheidung dem nicht Rechnung trägt. Gleichwohl wird diese Thematik immer wieder diskutiert, so dass jedenfalls drin-gend zu empfehlen ist, sämtliche erkennbaren Mängel in das Abnahmeprotokoll aufzunehmen. Um so wichtiger ist es auch, dass Erwerber bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums ausreichend und qualifiziert vertreten sind, damit auch bei Abnahme des Gemeinschaftseigentums eine umfassende Mängelfeststellung erfolgen kann. Allein ein vom Bauträger zur Beurteilung dessen Leistung beauftragter Sachverständiger trägt dieser möglichen Wichtigkeit des Inhalts des Abnahmeprotokolls jedenfalls keine Rechnung.

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