(OLG Köln, Urteil vom 23.11.2002, IBR 2003, 141)

Bei Vertragsschluss treffen Architekt und Bauherr eine mündliche Honorarvereinbarung. Nach Arbeitsbeginn, aber vor Abschluss der Tätigkeiten des Architekten wird eine schriftliche Vereinbarung über das Honorar getroffen, die, ebenso wie die anfängliche mündliche Vereinbarung, unterhalb der HOAI-Mindestsätze liegt. Der gleichzeitig vom Bauherren auf Schadensersatz verklagte Architekt hält alle Vergütungsabreden für unwirksam und macht durch Widerklage nach den Mindestsätzen berechnetes Resthonorar geltend.

Er hat Erfolg. Nach § 4 Abs. 1 HOAI sind Honorarvereinbarungen bei Auftragserteilung zu treffen. Widrigenfalls gelten die Mindestsätze. Eine Einigung über die Höhe des Honorars kann in diesen Fällen nur nachträglich wirksam getroffen werden zu einem Zeitpunkt, in dem sämtliche Architektenleistungen bereits erbracht sind, was vorliegend nicht der Fall war. Hinzuweisen ist diesbezüglich darauf, dass, soweit auch Leistungsphase 9 beauftragt ist, die Leistungen des Architekten erst rund 5 Jahre nach Abnahme des Bauwerkes enden. Ein Vertrauensschutz des Bauherren auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung kann nur dann nach Treu und Glauben geschützt sein, wenn der Auftraggeber nach den Umständen auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertrauen durfte und sich in einer Weise darauf eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des vertraglichen Mindesthonorars nicht zugemutet werden kann. Dafür reicht vorliegend nach Auffassung des Gerichtes nicht aus, dass der Bauherr zur Kenntnis des Architekten bereits vor Vertragsschluss arbeitslos war und über ein allenfalls durchschnittliches Nettoeinkommen verfügte.

Praxistipp: In jüngster Zeit ist in Honorarprozessen häufig festzustellen, dass der Bauherr, soweit der Architekt nachträglich das über dem vereinbarten vertraglichen Honorar liegende Mindestsatzhonorar geltend macht, sich auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben beruft. Die Hürden hierfür sind für den Bauherrn jedoch sehr hoch. Allein der Glaube daran, dass sich die Gegenseite an ein HOAI widriges Honorar halten würde, reicht allein jedenfalls nicht aus, um eine solche Bindung zu begründen, da anderenfalls die HOAI praktisch aufgehoben wäre. Geschützt sind nur solche Tatbestände von Treu und Glauben, die das Ergebnis der HOAI, nämlich das Zustehen des Mindestsatzhonorars, für den Bauherren schlechthin untragbar machen. Dies wird nur in absoluten Ausnahmefällen vorliegen.