Der Erwerb der eigenen 4 Wände zählt in Deutschland immer noch zu einem der vorrangigen Lebensziele. Im Vordergrund steht hierbei oftmals das Interesse, selbst im eigenen Heim zu wohnen. Die Vorstellung mancher Erwerber, unmittelbar nach Erwerb ihre Wohnung selbst beziehen zu können, ist aber nicht in jedem Falle richtig, jedenfalls dann nicht, wenn die erworbene Wohnung vermietet ist. Denn unbeachtet bleibt häufig, daß der Käufer mit der Eigentumsübertragung bei vermieteten Wohnungen auch den Mieter mit erwirbt.

Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt hierzu in § 571 BGB, daß der Erwerber im Falle der Veräußerung einer Wohnung an Stelle des Vermieters, das heißt an Stelle des Verkäufers, in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis eintritt. Dies bedeutet, daß einem Mieter gegenüber dem Käufer alle Mieterschutzrechte erhalten bleiben, die ihm bereits gegen seinen bisherigen Vermieter zustanden.

Dies gilt nicht nur für Ansprüche, welche sich aus dem Gesetz ergeben, wie etwa die Verlängerung von Kündigungsfristen aufgrund der langjährigen Dauer eines Mietverhältnisses, sondern auch für alle Bestimmungen des Mietvertrages und alle Zusatz-vereinbarungen, die der Veräußerer vor dem Verkauf mit dem Mieter getroffen hat. Beachtenswert ist, daß sich dies nicht nur auf schriftlich festgehaltene Absprachen bezieht, sondern auch auf alle mündlich zwischen dem Mieter und dem Veräußerer getroffenen Vereinbarungen.

Dies ist der entscheidende  Grund dafür, warum unvermietete Wohnungen auf dem Immobilienmarkt zu einem wesentlich höheren Kaufpreis gehandelt werden, als vermietete Wohnungen.

Um zum einen zu erfahren, welche Rechtsposition der Käufer gegenüber dem Mieter erwirbt und welche Verpflichtungen er im einzelnen eingeht, sollte sich dieser im Falle des beabsichtigten Selbstbezugs unbedingt rechtzeitig vor dem Abschluß des Kaufvertrages den Mietvertrag und alle schriftlich getroffenen Ergänzungsvereinbarungen mit dem Mieter vorlegen lassen. Ferner sollte er sich vom Verkäufer über alle eventuell mit dem Mieter getroffenen Absprachen, welche mündlich getroffen wurden informieren lassen.

Hierbei ist besonders zu beachten, welche Regelung in Bezug auf die Nebenkosten getroffen ist, welche bei der heutigen Kostenstruktur einen wesentliche Faktor darstellen. Nach der Rechtsprechung ist der Mieter nur verpflichtet, Nebenkosten neben der Miete zu entrichten, wenn im Mietvertrag explizit festgehalten ist, welche Nebenkosten im einzelnen genau umgelegt werden. Diese müssen daher im Mietvertrag entweder im einzelnen aufgeführt sein, oder es muß zumindest insoweit Bezug genommen sein auf die Anlage 3 zu § 27 der II. Berechnungsverordnung, in welcher die einzelnen Nebenkosten genau benannt sind. Ist dies nicht der Fall, so muß der Vermieter die Nebenkosten selbst tragen, kann diese also nicht auf den Mieter umlegen, was gerade heute bei der teilweise enormen Steigerung der öffentlichen Gebühren ( z.B. Müllgebühren über 100 % in den letzten Jahren ) massive finanzielle Nachteile mit sich bringen kann. Selbst für einen Käufer, der den Erwerb als reine Kapitalanlage betrachtet, können diese Konsequenzen von entscheidender Bedeutung sein.

Wesentlich ist auch die Höhe der aktuell vom Mieter bezahlte Miete, welche aufgrund von Mieterhöhungen mit den Beträgen im Mietvertrag nicht identisch sein muß.

Ferner ist für den Selbstbezieher wesentlich, wie lange das Mietverhältnis bisher angedauert hat. Läuft das Mietverhältnis bereits länger als 5 Jahre, verlängert sich die Kündigungsfrist um 3 Monate auf 6 Monate. Weitere Verlängerungen von jeweils 3 Monaten ergeben sich nach einer Laufzeit von mehr als 8 und mehr als 10 Jahren. Berücksichtigt man ferner, daß ein wegen Eigenbedarf gekündigter Mieter darüber hinaus auch noch die Einräumung einer angemessenen Räumungsfrist verlangen kann, so zeigt sich, welche Verzögerungen sich bis zu einem Selbstbezug ergeben können. Dies wird für einen Käufer, welcher eine Wohnung selbst nutzen möchte, ein ganz entscheidendes Kriterium bei der Entscheidungsfindung sein.

Einen Sonderfall stellt die Kaution dar. Für diese haftet der Erwerber einer Wohnung gegenüber dem Mieter nur dann, wenn ihm der Kautionsbetrag von dem Verkäufer tatsächlich ausgehändigt wurde. Ist dies nicht der Fall, so muß sich der Mieter wegen der Kaution selbst mit seinem bisherigen Vermieter auseinandersetzen.

Einen Sonderfall stellt der Erwerb einer Wohnung aus einer Eigentumswohnanlage dar, welche bisher ungeteiltes Eigentum war, aber nunmehr zum Zwecke der Veräußerung in Wohnungseigentum aufgeteilt wurde, um höhere Kaufpreise erzielen und die einzelnen Wohnungen  leichter veräußern zu können.

Aufgrund der Tatsache, daß derartige Verkäufe in der Vergangenheit oftmals eine Kündigungsflut wegen Eigenbedarfs der Käufer nach sich gezogen haben, hat sich der Gesetzgeber bereits vor vielen Jahren entschlossen, den Mietern solcher Wohnanlagen einen besonderen Kündigungschutz einzuräumen. Dieser gilt aber nicht für bereits im Rahmen von Neuerstellungen in Wohnungseigentum aufgeteilte, sondern nur für nachträglich aufgeteilte Wohnanlagen und Wohnhäuser.
In § 564 b Abs. I Nr. 2 BGB hat der Gesetzgeber bestimmt, daß für den Fall, daß nach Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet wurde, sich der Erwerber auf ein berechtigtes Interesse an einer ordentlichen Kündigung, wie z.B. den Eigenbedarf, nicht vor Ablauf von 3 Jahren seit der Veräußerung an ihn berufen kann. Im Falle von Wohnraummangel in der betroffenen Gemeinde kann diese Frist durch Rechtsverordnung für einzelne Gebiete sogar auf 10 Jahre verlängert werden. Hiervon hat die Bayerische Landesregierung beispielsweise für den Großraum München Gebrauch gemacht.

Maßgeblich für den Beginn der Frist ist das Datum der Eintragung der Auflassung zugunsten des Käufers. Erst nach Ablauf dieser Frist darf überhaupt erst die Kündigung ausgesprochen werden, so daß dann auch erst die Kündigungsfristen zu laufen beginnen. Dies bedeutet, daß in diesen Fällen durchaus damit zu rechnen ist, daß ein Selbstbezug  – wenn überhaupt – erst nach mehr als 11 Jahren, unter Berücksichtigung von möglichen prozessualen Auseinandersetzungen mit dem Mieter und Räumungsfrist eventuell auch erst nach 13 – 14 Jahren oder noch später erfolgen kann.

Durch eine Vielzahl rechtlicher Konstruktionen wurde in der Vergangenheit versucht, diese gesetzlichen Regelungen zum Übergang eines Mietverhältnisses zu umgehen. Hierfür wurden beispielsweise gesellschaftsrechtliche Konstruktionen gewählt, um den Begriff der Veräußerung, welcher nach dem Gesetzeswortlaut Voraussetzung für den Übergang des Mietverhältnisses und den besonderen Kündigungsschutz ist, zu umgehen. An Stelle eines Verkaufes der Wohnung sollte dann ein Verkauf der Gesellschaftsanteile treten. Gelungen ist diese Umgehung indes nie, da die Rechtsprechung für alle rechtlichen Konstruktionen die mietrechtlichen Schutzvorschriften für entsprechend anwendbar erklärt hat. Auf derartige Konstruktionen, welche oftmals sogar noch erhebliche Haftungsrisiken mit sich bringen, sollte sich kein Käufer einlassen.

Da sich die Rechtslage hierzu durchaus nicht unkompliziert darstellt, sollte sich ein Käufer in diesen Fällen rechtzeitig fachmännischen Rat holen. Ist für ihn die Möglichkeit des Selbstbezuges für die Entscheidung zum Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses von maßgeblicher Bedeutung und möchte er genau informiert sein, welche rechtlichen Verpflichtungen er gegenüber dem Mieter eingeht, sollte er im Rahmen des Kaufs folgendes beachten:
– Originalmietvertrag einschließlich Zusatzvereinbarungen vorlegen lassen;

– Zusicherung des Verkäufers in den Notarvertrag aufnehmen, daß keine darüber hinausgehenden Vereinbarungen mit dem Mieter vorliegen;

– Zusicherung des Verkäufers in den Notarvertrag aufnehmen, daß die Wohnanlage nicht erst nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum aufgeteilt wurde;
– Zusicherung des Verkäufers in den Notarvertrag aufnehmen, wann ein Mieter auszieht und die Wohnung frei zum Selbstbezug ist;
– Vereinbarungen zwischen dem Verkäufer und dem Mieter über einen Auszug zu einem bestimmten Termin als Anlage dem notariellen Kaufvertrag beifügen.

Sind derartige Zusicherungen unrichtig, so steht dem Erwerber zum einen die Möglichkeit zu, den Kaufvertrag rückabzuwickeln, zum anderen, zumindest Schadenersatz von Verkäufer zu verlangen.

Nur wenn diese Vereinbarungen auch in dem notariellen Kaufvertrag verankert sind, sind diese für den Vermieter auch bindend.

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