BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 7/11
Dieser Rechtsstreit befasste sich mit einem Vorfall außerhalb des Baurechts, wobei die hier vom BGH dargestellten Grundsätze auch der herrschenden Rechtsprechung zum Baurecht entsprechen.
Im vorliegenden Fall haftet ein Tierarzt wegen einer fehlerhaften Auskunft im Rahmen einer Untersuchung eines Pferdes dem Käufer des Pferdes auf Schadenersatz, ebenso wie der Verkäufer des Pferdes. Beide hafteten demnach als Gesamtschuldner. Der Käufer schloss mit dem Verkäufer einen Vergleich, ließ dort ca. 30.000 € seiner Forderung nach und verklagte auf diese 30.000 € den Tierarzt. Dieser war der Meinung, der mit dem Verkäufer geschlossene Vergleich wirkte auch zu seinen Gunsten.
Dieser Fall ist mit folgendem ebenfalls in der Vergangenheit vom BGH bereits entschiedenen Fall vergleichbar:
Im Rahmen der Ausführung eines Bauvorhabens arbeitete der Auftragnehmer mangelhaft. Gleichzeitig entstand der Mangel dadurch, dass der Architekt seiner Bauüberwachungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist.
Der Auftraggeber führte mit dem Auftragnehmer einen Rechtsstreit und machte dort 50.000 € als Kosten der Mängelbeseitigung geltend. Er schloss dort einen Vergleich mit dem Bauunternehmer auf Basis eines Betrages von 25.000 €. Im Anschluss an diesen Rechtsstreit nahm der Bauherr auch den Architekten auf Zahlung der restlichen 25.000 € in Anspruch. Dabei ist wichtig, dass der Architekt neben dem Unternehmer als Gesamtschuldner haftet. Der Architekt verkündete in diesem Verfahren dem Unternehmer den Streit mit der Ankündigung, im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs den Unternehmer in Anspruch zu nehmen und zwar auf die volle Schadenssumme, die er, der Architekt, an den Auftraggeber bezahlen müssen. Der Unternehmer war der Auffassung, dass er aufgrund des mit dem Auftraggeber geschlossenen Vergleichs auf den Restbetrag nicht mehr haften können.
Wie in dem früher im Baurecht entschiedenen Fall, entschied der BGH auch in dem vorliegenden Fall mit dem Reitpferd, dass ein Vergleich mit einem Gesamtschuldner in der Regel nur diesem gegenüber gelte, es sei denn, es ergibt sich aus dem Vergleich etwas anderes. Im vorliegenden Fall konnte sich der Tierarzt nicht darauf berufen, dass mit dem Verkäufer ein Abgeltungsvergleich geschlossen worden war.
Dies korrespondiert mit der Entscheidung des BGH zu dem oben dargestellten Fall im Baurecht. Auch dort hatte der BGH entschieden, dass der Architekt in vollem Umfang auf den Restschaden in Anspruch genommen werden könne. Denn aus dem Vergleich ergebe sich nicht, dass der Bauherr dahingehend eingeschränkt sein soll, dass er einen Dritten auf den verbleibenden Schaden nicht in Anspruch nehmen darf, soweit dieser wiederum im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs Rückgriffsansprüche gegen den Partner des zuvor geschlossenen Vergleichs hat.
Obwohl der Unternehmer demnach einen Abgeltungsvergleich mit dem Auftraggeber geschlossen hatte, wurde der Architekt zur Zahlung verurteilt und dieser konnte gegen den Unternehmer wiederum Rückgriff nehmen, so dass der Unternehmer trotz des Vergleichs den vollen Schaden zu tragen hatte.
Dieses Problem ist nur dadurch zu lösen, dass der Unternehmer im Rahmen seines Vergleichsabschlusses ausdrücklich vereinbart, dass mit diesem Vergleich nicht nur alle Ansprüche aus den behaupteten Mängeln gegen ihn abgegolten sind, sondern dass sich der Auftraggeber auch verpflichtet es zu unterlassen, einen Dritten als Gesamtschuldner aus den gleichen Mängeln in Anspruch zu nehmen, welcher wiederum gegen ihn, den Unternehmer, Gesamtschuldnerausgleichsansprüche geltend machen kann.