Ca. 90 % Gewinn: Einheitspreis sittenwidrig
OLG Celle, Urteil vom 30.07.2015, Aktenzeichen 5 U 24/15; BGH, Beschluss vom 01.06.2016 – VII ZR 185/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Sachverhalt

Im Leistungsverzeichnis (Rohbauarbeiten) des öffentlichen Auftraggebers ist als Eventualposition die Leistung „Baustelleneinrichtung, Verlängerung“ enthalten. Der Auftragnehmer bietet die (Eventual-) Einheitspreisposition (Baustelleneinrichtung, Verlängerung) mit 13.230,14 € pro Monat an. Aufgrund einer Unterbrechung der Bauarbeiten von ca. sechs Monaten macht der Auftragnehmer nun ca. 80.000 € geltend. Nachdem der Auftragnehmer seine Kalkulation offen gelegt hat, ergibt sich, dass er für die Baustelleneinrichtung monatliche Kosten in Höhe von 1.480,14 € und für Wagnis und Gewinn 11.750 € einkalkuliert hatte. Dies entspricht einem Aufschlag von ca. 794 %.

Rechtliches

Das Berufungsgericht lehnt die Forderung des Auftragnehmers in Höhe von ca. 80.000 € aufgrund der Sittenwidrigkeit des angebotenen Einheitspreises ab. Der Zuschlag von Wagnis und Gewinn steht in keinem Verhältnis zu den kalkulierten Kosten. Dies indiziert eine verwerfliche Gesinnung des Auftraggebers. Die Besonderheit des Falls liegt darin, dass es sich bei dem sittenwidrig überhöhten Preis um eine Eventualposition handelte. Nachdem für die Eventualposition im Leistungsverzeichnis kein Vordersatz angegeben war, wurde der überhöhte Einheitspreis nicht in der Angebotssumme und damit nicht bei Wertung in der Submission, also der Vergabe, berücksichtigt. Hiermit konnte der Auftragnehmer seinen überhöhten Preis für die Eventualposition anbieten, ohne hierbei seine Chance auf den Zuschlag zu mindern.

Praxishinweis

Aus diesem Grund hat das Berufungsgericht den (Eventual-) Einheitspreis (Baustelleneinrichtung, Verlängerung) allein bezogen auf die mit der Einheitspreisposition bepreiste Leistung überprüft. Bei „normalen“ Einheitspreispositionen – also wenn es sich nicht um eine Eventualposition handelt – ist dies nur eingeschränkt möglich. Zwar kann sich die Prüfung der Sittenwidrigkeit grundsätzlich auf einzelne Einheitspreise beziehen. Jedoch ist bei der erforderlichen Prüfung der sittenwidrigen Preisüberhöhung grundsätzlich die Endsumme des Angebotes entscheidend. Lediglich bei der Vergütung für Nachträge und Mehrmengen kann im Wege der „Einzelfallbetrachtung“ auf den Vergleich des Angebotspreises der einzelnen Einheitspreisposition mit dem üblichen angemessenen Werklohn abgestellt werden (BGH, IBR 2013,331).