Häufig liegt es im Interesse eines Bauherrn, bei der Auswahl von Planern sich ein Bild über deren Fähigkeiten zu machen. Zunehmend häufiger wird deshalb versucht, von mehreren Planern Aussagen darüber zu erhalten, wie sie die planerische Aufgabenstellung lösen würden. Fraglich ist, ob dies zu vergüten ist.

Die Rechtssprechung hält es für zulässig, daß zum Zwecke der Vertragsanbahnung trotz des Mindestpreischarakters der HOAI kostenlose Leistungen von Planern erbracht werden. Solche Akquisitionsleistungen umfassen oft die Leistungsphasen 1 und 2 (Grundlagenermittlung und Vorplanung).

Einerseits stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob die im Zuge der Akquisitionsphase erbrachten Leistungsteile bei einer späteren Beauftragung trotz ihres ursprünglich unentgeltlichen Charakters vergütet werden müssen. Andererseits ist zu beurteilen, wann mangels ausdrücklicher Vereinbarng von Akquisitionsleistungen auszugehen ist und wann von einer entgeltlichen Beauftragung.

Werden die im Rahmen der Akquisition kostenlos erbrachten Leistunsphasen mit in einen nachfolgenden Vertrag als geschuldete Leistung aufgenommen, sind sie wegen des Mindestpreischarakters der HOAI auch zu vergüten, auch wenn die Leistung bereits vor Vertragsabschluß erbracht wurde.

Schwieriger ist die Fallgruppe zu beantworten, in der sich ein Vertragsschluß lediglich auf die nach der Akquisitionsphase liegenden Leistungen bezieht, also etwa erst ab Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung). Ginge man hier davon aus, für die Akquisitionsleistungen der Phasen 1 und 2 sei eben kein Vertrag geschlossen worden und deshalb auch keine Vergütungspflicht entstanden, hätte dies auf der anderen Seite auch die Konsequenz, daß eventuelle Planungsfehler aus den Leistungphasen 1 und 2 mangels vertraglicher Bindungen nicht ohne weiteres zu Ansprüchen des Bauherrn gegen den Planer führen könnten. Richtigerweise wird man auch in diesen Fällen von einer Vergütungspflicht auszugehen haben, da der Bauherr die Aquisitionsleistung schließlich verwendet und auch aus Sicht des Bauherrn die Verantwortlichkeit des Architekten für die Planungsleistungen aufrecht erhalten bleiben soll. Diese Konsequenz ergibt sich zudem ohne weiteres auch gerade bei urheberrechtlich schutzfähigen Planungen, die im Zuge einer Akquisitionsleistung erbracht wurden, da dem Urheber der Idee auch eine Vergütung für deren Nutzung zustünde. Allerdings ist nur eine Minderzahl planerischer Entwürfe urheberrechtsfähig.
Häufig wird auch die Stellung einer Bauvoranfrage als Akquisitionsleistung abverlangt. Hierbei verhält es sich zunächst so, daß für die Stellung der Bauvoranfrage als solche schon deshalb ohne schriftliche Vereinbarung kein Honorar verlangt werden kann, weil es sich um eine besondere Leistung der Leistungsphase 4 aus dem Leistungskatalog des § 15 HOAI handelt. Der Bauvoranfrage ist jedoch andererseits immanent, daß die Leistungsphasen Grundlagenermittlung und Vorplanung erbracht werden müssen, um überhaupt den Inhalt der Bauvoranfrage erarbeiten zu können und selbige stellen zu können. Diese Grundleistungen der Phasen 1 und 2 sind jedoch auch ohne schriftliche Vereinbarung mit dem Mindestsatzhonorar zu vergüten.
Vergütungspflicht dieser Leistungsphasen liegt jedenfalls dann vor, wenn sich der Bauherr die Arbeitsergebnisse zu eigen und zu nutzen macht, indem er die Bauvoranfrage zur Verbescheidung an die Genehmigungsbehörde einreicht. Hierdurch gibt er zu erkennen, die planerische Leistung zu akzeptieren und verwenden zu wollen. In einem solchen Falle liegt deshalb stets eine Vergütungspflicht vor, die sich auch nicht durch ausdrückliche Vergütung ausschließen läßt (IBR 1997, 463, andere Ansicht KG, BauR 99, OLG Saarbrücken, NJW-RR 99, 1035, 431).

Folgende Kriterien für die Beurteilung der Vergütungspflicht haben sich herauskristallisiert:

– Wenn der Bauherr sich Leistungen des Planers zueigen macht, indem er sie verwendet, sei es für Anträge bei Genehmigungsbehörden, Banken o. ä., wird man in der Regel von einer Entgeltlichkeit ausgehen müssen. Völlig unzweifelhaft ist dies etwa bei der Erstellung einer kompletten Genehmigungsplanung, die dann vom Bauherrn eingereicht wird.

– Während bei den Leistungsphasen 1 und 2 grundsätzlich das Vorliegen einer Akquisitionsleistung ebenso denkbar ist, wie eine vergütungspflichtige Leistung, ist ab Leistungsphase 3, spätestens ab Leistungsphase 4, von entgeltlichen Leistungen auszugehen.

– Sofern der Bauherr mehrfach und in nicht unerheblichen Umfang eigene Planungswünsche einbringt, die zur Weiterentwicklung der Planung verwendet werden sollen und verwendet werden, spricht dies ebenfalls für Entgeltlichkeit.

– Gegen Annahme einer entgeltlichen Beauftragung kann sprechen, daß die Bausumme relativ hoch liegt, insbesondere in oder oberhalb eines Rahmens von DM 5 Mio. bis DM 15 Mio. (OLG Düsseldorf, OLGR 99, 395). Hier soll nach Ansicht des OLG Düsseldorf eine Auftragshöhe erreicht sein, bei der eine Akquisitionsphase allgemein üblich sei und darüber hinaus für eine Beauftragung zu erwarten sein, daß der Vertagbindungswille unmißverständlich, unter Umständen sogar schriftlich, geäußert werde.

– Die Verursachung eines nicht unerheblichen Arbeitsaufwandes, der auch mit einem ebensolchen Maß an Kostenverursachung einhergeht, spricht ebenfalls indiziell für eine vergütungspflichtige Tätigkeit.

– Es gibt keinen Erfahrungssatz, daß Architekten regelmäßig vor Beauftragung Akquisitionsleistungen erbringen (OLG Stuttgart, Baurecht 97, 681).

– Architektenleistungen sind nicht deshalb unentgeltlich, weil nicht sicher ist, ob der auftraggebende Investor den Zuschlag für die Baumaßnahme erhält (OLG Düsseldorf, NJW- RR 98, 1317).

– Umfangreiche Vorarbeiten eines Ingenieurs bei Abgabe eines Angebotes können dann zur honorarfreien Akquisitionstätigkeit gehören, wenn sie der Ermittlung des eigenen Honorares dienen. Dies gilt insbesondere für die Erstellung von Kostenermittlungen zum Zwecke einer Eingrenzung des zu veranschlagenden/ anzubietenden Honorares (OLG Köln, NJW-RR 98, 309).

– Gegen eine stillschweigende Vereinbarung entgeltlicher Architektentätigkeit spricht, wenn sich Bauvorhaben im spekulativen Bereich der Anbahnung befinden und dem Architekten bekannt ist, daß der konkrete Bauherr bei umfangreicheren finanziellen Vereinbarungen auf schriftliche Fixierung nicht verzichtet (OLG Oldenburg, Urteil v. 10.04.1997, AZ 8 U 151/96).

– Ein langer Zeitablauf zwischen Erledigung des Auftrages und Abrechnung kann, wenn der Bauherr davon ausgehen dürfte, es habe sich um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt, zur Verwirkung des Honoraranspruches führen.

– Die Grenze zwischen Akquisition und Vertragsschluß wird zumindest dann überschritten, wenn die entgegengenommenen Architektenleistungen verwertet werden oder der Architekt absprachegemäß in die konkrete Planung übergeht (OLG Braunschweig, Urteil vom 28.07.1994, AZ 2 U 26(/94).

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