Fristsetzung zur Nacherfüllung vor Fälligkeit und Rücktritt vom Vertrag
BGH, Urteil vom 14.06.2012 – VII ZR 148/10
Der Beklagte verkaufte an den Kläger ein Grundstück und verpflichtete sich, dieses Grundstück mit einem Gewerbekomplex bis zum 31.06.2008 zu bebauen. Als die Arbeiten nicht ausreichend voranschritten, setzte der Kläger dem Beklagten vor Ablauf dieser Frist, nämlich am 03.06.2008 eine Frist zur Fertigstellung zum 31.07.2008. Als auch zu diesem Zeitpunkt der Bau nicht fertiggestellt war, trat der Kläger von dem Vertrag zurück und verlangte vom Beklagten Schadensersatz von 128.000,00 €.
Der BGH wies die Klage ab. Denn die Frist zur Nacherfüllung sei bereits gesetzt worden, bevor die Leistung fällig gewesen war, nämlich am 03.06.2008. Das Gesetz sehe diesen Fall jedoch nicht vor. Nach der Systematik des Gesetzes müsse eine Forderung zunächst fällig sein. Erst dann, wenn der Schuldner diese Leistung nicht erbringt, kann eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist kann dann der Rücktritt erklärt werden.
Zwar eröffnet das Gesetz auch die Möglichkeit vor Fälligkeit eine Frist zu setzen und vom Vertrag zurückzutreten, wenn bereits feststeht, dass die Leistung innerhalb der vereinbarten Frist nicht mehr erbracht werden könne. Jedoch setzt dies voraus, dass auch der Rücktritt noch vor Eintritt der Fälligkeit, hier also vor dem 30.06.2008 erklärt wird. Nachdem vorliegend jedoch der Rücktritt eindeutig nach dem Eintritt der Fälligkeit, also nach dem 30.06.2008 erklärt wurde, die Frist jedoch vor Eintritt der Fälligkeit gesetzt wurde, kann sich der Kläger auf diese gesetzliche Möglichkeit nicht stützen. Aus diesem Grunde wurde die Klage abgewiesen.
Praxistipp: Das Gesetz sieht insbesondere bei Rücktritt und Kündigung eine gewisse Systematik vor. Diese sollte man auf jeden Fall einhalten. Jede Abweichung von der gesetzlichen Systematik birgt unübersehbare Risiken, die man – nur um einige Tage zu ersparen -, nicht eingehen sollte.