BGH vom 27.11.2003 Az. VII ZR 53/03, IBR 2004, 125

Ein Bauvertrag enthält eine Klausel, die bestimmt, dass beim Erforderlichwerden von Mehrleistungen der Auftragnehmer unaufgefordert ein Nachtragsangebot einzureichen hat. Ein Anspruch auf Vergütung soll nach dem Wortlaut des Vertrages erst bestehen, wenn der Auftraggeber dieses Nachtragsangebot angenommen und schriftlich bestätigt hat. Im übrigen werden sämtliche Nachforderungen ausgeschlossen. In einem Rechtsstreit über Nachtragsforderungen von 1,5 Mio. Euro ging es um die Wirksamkeit einer solchen formularmäßig in einem Vertrag enthaltenen Klausel.

Der BGH stellt fest, dass diese Klausel unwirksam ist. Und zwar bestehe ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers an frühzeitiger Information über bevorstehende Kostenerhöhungen. Dieses Interesse rechtfertige zwar eine Anzeigepflicht, nicht jedoch den Ausschluss sämtlicher Ansprüche. Insbesondere hält der BGH die Klausel deshalb für unwirksam, da auch alle gesetzlichen Ansprüche ausgeschlossen sind, beispielsweise aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung. Dies würde nämlich im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass der Auftraggeber zwar zusätzliche Leistungen nutzen konnte, ohne aber hierfür einen geldwerten Ausgleich leisten zu müssen. Dieses sei deshalb unangemessen, da Nachtragsforderungen, soweit sie berechtigt sind, in vielen Fällen auf nachträgliche Sonderwünsche des Auftraggebers, Änderungen der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen, unzureichende Ausschreibungen und Beauftragungen oder geänderte Planung zurückzuführen sind. Da auch diese Ursachen, die im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen, nach der formularmäßigen Klausel keine Nachforderungen ermöglicht hätten, ist die Klausel insgesamt unwirksam.

Praxistipp :

Solche Nachtragsausschlussklauseln finden sich sehr häufig in Bauverträgen, aber auch in Planungsverträgen. Sofern sie von einer Seite zur Bedingung gemacht wurden, damit also gestellt wurden und darüber hinaus für mehrere Verwendungsfälle vorformuliert oder sogar in mehreren Anwendungsfällen benutzt wurden, fallen sie unter die AGB Regelungen des BGB. Der Auftraggeber, der solche Klauseln verwendet, hat künftig also ein doppeltes Risiko. Für ihn ist die Klausel unwirksam. Der Auftragnehmer, der den Klausel jedoch nicht gestellt hat  kann sich dem gegenüber sehr wohl auf die Klausel berufen, beispielsweise die Ausführung einer Nachtragsleistung verweigern, bis er einen schriftlichen Auftrag vom Auftraggeber hat. Auf die Nichtigkeit einer allgemeinen Geschäftsbedingung berufen kann sich immer nur der Vertragspartner des Verwenders, nie der Verwender selbst. Die Verwendung einer solchen Klausel kann deshalb auch ungünstig auf den Verwender  zurückschlagen, weshalb besonderes Augenmerk darauf gelegt werden sollte, nur wirksame Klauseln einzusetzen. Unbedenklich wäre dem gegenüber eine Klausel, die den Auftragnehmer zur unverzüglichen Anzeige von Nachforderungen verpflichtet, wenn die Verletzung dieser Anzeigepflicht nicht zum Ausschluss von Nachforderungen, sondern nur zu einem Schadensersatzanspruch des AG führt (BGH, IBR 2002, 59). Ein solcher Schaden wird allerdings der Regel nicht existent sein, so dass der Nutzen einer solchen Klausel auch äußerst eingeschränkt ist.

Dieses Urteil ist gleichermaßen für Bau- wie auch Planungsverträge einschlägig.