OLG Hamm, Urteil vom 01.02.98 – 12 U 4/97
Ein Architekt plant für ein im Grundwasser stehendes Haus eine Kellersohle aus WU-Beton und eine Abdichtung der aufgehenden Kellerwände aus Mauerwerk mit einer Bitumendickbeschichtung. Die Abdichtungsarbeiten werden vom Bauherr in Eigenleistung ausgeführt und mißlingen. Nach Aussage mehrerer eingeschalteter Bausachverständiger war bereits die Planung einer solchen Abdichtung mangelhaft. Der Bauherr verklagt den Architekten; das OLG beauftragt im Laufe des Prozesses einen weiteren Gutachter.
Der Gutachter führt aus, die geplanten Abdichtungsmaßnahmen seien nicht DIN-gerecht, könnten aber aufgrund ihrer Praxisbewährung als allgemein anerkannte Regeln der Technik (jetziger Stand der Technik) angesehen werden. Das OLG weist darauf hin die Klage ab.
Hier ist deutlich erkennbar, daß nicht zwingend nur DIN-gerechte Ausführungsarbeiten dem aktuellen Stand der Technik, der sich stetig weiter entwickelt entsprechen. Es ist auch der umgekehrte Fall denkbar, in dem die DIN nicht dem aktuellen Stand der Technik angepaßt ist und damit eine DIN-gerechte Ausführung sogar mangelhaft sein kann. Dies wird aber die absolute Ausnahme bilden. Sicherheitshalber sollte man sich deshalb stets an die DIN halten oder eine ausdrückliche Vereinbarung mit dem Bauherrn einschl. dessen Risikoübernahme für die Verwendung anderer Materialien treffen.
Im vorliegenden Fall verhält es sich grundsätzlich so, daß druckwasserhaltende Abdichtungen (Lastfall DIN 18195 Teil 6) mit Bitumendickbeschichtungen nicht den anerkannten Regeln der Bautechnik entsprechen. Nur eine Minderheit der Sachverständigen befürwortet eine Aufnahme der Dickbeschichtung für Druckwasserabdichtungen in die DIN 18195. Dies resultiert wohl auch daraus, daß die Bitumendickbeschichtungen statistisch betrachtet in etwa der Hälfte der Fälle mangelhaft sind. Ein Einsatz von Dickbeschichtungen sollte deshalb nur äußerst zurückhaltend erfolgen; eine Entwarnung durch das Urteil des OLG Hamm ist nicht angezeigt.