OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.12.1999, AZ 17 U 168/95
Ein Unternehmer, der sich mit der Leistungserbringung in Verzug befindet, verlangt vom Auftraggeber die Stellung einer Sicherheit nach § 648 a BGB. Der Auftraggeber lehnt die Stellung einer solchen Sicherheit ab, da der Auftragnehmer in Verzug sei und fordert ihn mit Ablehnungsandrohung gemäß § 5 Nr. 3 VOB/B auf, die Baustelle ordnungsgemäß zu besetzen. Als der Unternehmer die Arbeiten schließlich einstellt, kündigt der Auftraggeber. Er verlangt die Mehrkosten für die Fertigstellung, wogegen sich der Unternehmer damit wehrt, daß er meint, die Arbeiten zu recht eingestellt zu haben, da der Auftraggeber keine Sicherheit geleistet habe.
Das OLG lässt die Aufrechnung des Auftraggebers mit den Mehrkosten zu, da nach seiner Überzeugung der Auftragnehmer zum Zeitpunkt des Sicherungsverlangens bereits vertragsuntreu war und das Sicherheitsverlangen nur vorschob, um von der eigenen Leistungspflichtverletzung abzulenken. Dies erhält das OLG für treuwidrig. In diesem Ausnahmefall würde das Unterlassen der Stellung einer Sicherheit durch den Auftraggeber keine Pflichtverletzung darstellen, sondern der Auftragnehmer hätte zunächst seinen eigenen Leistungsverzug beseitigen müssen.
Praxistip: Da diese Entscheidung einen Ausnahmefall betrifft und die Treuwidrigkeit so auf einer dehnbaren Generalklausel des § 242 BGB beruht, kann sich ein Bauherr nicht mit hinreichender Rechtssicherheit darauf verlassen, bei erheblichem Leistungsverzug des Auftragnehmers keine Sicherung stellen zu müssen. Er sollte deshalb einem Sicherungsverlangen nach dem nach Grund und Höhe berechtigtem Umfang nachkommen.