OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.01.2009 – 23 U 47/08

Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit der Herstellung einer circa 1,2 km langen Dichtwand. Im Leis-tungsverzeichnis war enthalten, dass 7 Aufschlussbohrungen erforderlich seien. Während der Bauausführung war der Auftragnehmer der Auffassung, dass weitere Aufschlussbohrungen durchgeführt werden müssten. Das Leistungsver-zeichnis war insoweit jedenfalls nicht vollständig. Die Bodenbeschaffenheit war tatsächlich abweichend von der, wie die-se im Leistungsverzeichnis beschrieben war. Der Auftragnehmer führte die weiteren Aufschlussbohrungen aus. Der Auf-traggeber war bei mehreren Baubesprechungen zunächst der Auffassung, dass der Umfang dieser Aufschlussbohrun-gen nicht erforderlich war. Schließlich beauftragte er einen Sachverständigen mit der Feststellung, der zu dem Ergebnis gelangte, dass die vom Auftragnehmer durchgeführten Arbeiten nicht erforderlich waren.

Gleichwohl klagte der Auftragnehmer die Mehraufwendungen ein. Er war der Meinung, dass aufgrund der Tatsache, dass das Leistungsverzeichnis die Bodenverhältnisse objektiv tatsächlich unzutreffend wiedergab, zumindest eine still-schweigende Anordnung des Auftraggebers vorliegen würde. Dem folgte das Gericht nicht. Das Gericht wies ausdrück-lich darauf hin, dass bloßes Schweigen keine Willenserklärung darstellt. Eine Anordnung setze immer ein wie auch im-mer geartetes Handeln des Auftraggebers voraus. Entweder müsse sich dieser ausdrücklich äußern oder aber es müss-ten sich aus den Handlungen des Auftraggebers erforderliche Mehrarbeiten ergeben. Das Gericht war der Meinung, dass der Auftragnehmer hier die Entscheidung des Auftraggebers auf jeden Fall zuvor hätte herbeiführen müssen, not-falls im Wege der Einstellung seiner Arbeiten.

Vor der Einstellung der Arbeiten wird jedoch gewarnt. Hier ist eine Einzelfallprüfung unerlässlich, da der BGH i. d. R. bei einer derartigen Konstellation von der Kooperationspflicht der Parteien ausgeht und die Einstellung der Arbeiten die Ul-tima Ratio darstellt, in der Regel daher ausscheidet. Jedenfalls ist die Entscheidung aber insoweit zutreffend, dass der Auftragnehmer grundsätzlich für Klarheit sorgen muss und vor der Ausführung einer Arbeit die erforderlichen Abklärun-gen herbeiführen muss. Die Entscheidung des Bauherrn muss explizit eingefordert werden. Einfach mit Arbeiten zu be-ginnen, ohne zu wissen, ob diese wirklich erforderlich sind und ohne zu wissen, ob der Bauherr diese wirklich anordnet, ist jedenfalls stark risikobehaftet.