OLG Koblenz, Urteil vom 15.12.2011 – 5 U 934/11 (nicht rechtskräftig)
Im Rahmen eines öffentlichen Bauauftrags war der Auftragnehmer beauftragt worden, einen Leitungsgraben zu erstellen. Vereinbart war ein Einheitspreis von 69,18 € pro Kubikmeter. Tatsächlich erhöhte sich das Volumen auf 3855 m³. Aufgrund dieser Massenmehrungen kam es zu einer erheblichen Verlängerung der Bauzeit. Die vorgesehenen Arbeitskräfte standen 2,7 Monate mehr zur Verfügung, als ursprünglich vorgesehen. In der Schlussrechnung machte Auftragnehmer neben dem regulären Einheitspreis zusätzlich für nicht gedeckte Gemeinkosten 92.477 € geltend, die den Zusatzarbeiten zuzurechnen seien.
Das Gericht wies die Klage des Auftragnehmers ab. Ein Anspruch auf Zahlung nicht gedeckter Gemeinkosten komme vorliegend nicht in Betracht, weil der Anspruch nicht ausreichend substantiiert vorgetragen worden sei. Um diesen Anspruch zu begründen müsse vorgetragen werden, wie sich die Massenmehrungen auf der Baustelle konkret im Bauablauf ausgewirkt hat, welche Folgen aus der Bauzeitverlängerung konkret entstanden sind und um wie viel länger die Baustelle aufrechterhalten werden musste. Allein die Erhöhung des Aufwandes würde nicht zwingend dazu führen, dass der ursprünglich kalkulierte Anteil an den Gemeinkosten für die Mehrmassen nicht mehr ausreichend gewesen sei.
Bei der Frage der Deckung der allgemeinen Geschäftskosten besteht das erhebliche Problem, dass diese häufig nicht zeitabhängig, sondern baukostenabhängig kalkuliert werden. Da sich bei einer Bauzeitverlängerung die Baukosten nicht erhöhen, sondern nur der Ausführungszeitraum, wäre der Einheitspreis bei einer rein baukostenabhängigen Kalkulation der Gemeinkosten ursprünglich auch dann nicht anders angeboten worden, wenn von vornherein die längere Bauzeit bekannt gewesen wäre. Denn die Höhe der Gemeinkosten, insbesondere der allgemeinen Geschäftskosten, wird in der Regel als Durchschnittswert aus dem vorangegangenen Geschäftsjahr ermittelt, bezogen auf den Gesamtumsatz eines Unternehmens. Mit diesem Faktor werden dann in der Kalkulation eines Bauvorhabens die eigenen Aufwendungen beaufschlägt und zwar unabhängig von der Bauzeit. In diesen Fällen lässt sich dann auch nur schwer begründen, dass eine Bauzeitverlängerung zur Erhöhung der allgemeinen Geschäftskosten geführt hat.Anders ist dies möglicherweise bei den Baustellengemeinkosten, die unter Umständen nicht umsatzbezogen, sondern auch zeitabhängig kalkuliert werden.
Gleichwohl ist die Entscheidung im vorliegenden Fall richtig, weil in dem ursprünglich vereinbarten Einheitspreis sowohl die allgemeinen Geschäftskosten, als auch die Baustellengemeinkosten bereits kalkuliert waren.
Es hätte daher vorgetragen werden müssen, warum über diese kalkulierten Kosten nur aufgrund der Bauzeitverlängerung nunmehr zusätzliche Kosten entstanden sind, um einen Anspruch nach § 2 Abs. 3 Nummer 2 VOB/B begründen zu können.