(OLG Bamberg, Urteil vom 29.04.2002, AZ: 4 U 26/01)
Nach Abschluss eines Projektes rechnet der Architekt sein Honorar ab. Der Bauherr wendet hiergegen ein, die Vergütung für die Leistungsphasen 6 und 7 würden vollständig entfallen und die Leistungsphase 8 müsse um wenigstens 5Prozentpunkte gemindert werden, da die Tätigkeit des Architekten im Rahmen der Phasen 6 und 7 völlig wertlos seien, die der Phase 8 nicht vollständig erbracht seien.
Das OLG gibt dem Architekten vollumfänglich Recht. Er kann seinen ungekürzten Vergütungsanspruch geltend machen. Die HOAI bildet reines Preisrecht ab und regelt nichts zum Inhalt der Leistungspflichten. Deshalb spielt es für die Frage der Höhe des Honorars keine Rolle, dass einzelne Grundleistungen oder gar einzelne Leistungsphasen eines Leistungsbildes nicht oder nur unvollständig erbracht werden. Wenn der geschuldete Erfolg, also das Entstehenlassen eines mangelfreien Bauwerkes eintritt, ist im Grundsatz stets der volle Honoraranspruch zu bezahlen. Eine Ausnahme können hierbei nur die sogenannten zentralen Leistungen bilden, also Leistungen, die typischerweise für jeden Bauherren von gesteigertem Interesse sind. Hierunter gehören nach überwiegender Meinung beispielsweise die einzelnen Kostenermittlungen.
Praxistipp: Die Nichterbringung von Grundleistungen durch den Architekten sollte vom Bauherren während der Bauzeit gerügt und entsprechend den Regelungen des Vertrages mit dem Architekten auch erzwungen werden. Von der Lehre der zentralen Grundleistungen sollte man sich zum einen keine all zu großen Honorarkürzungen versprechen, da nur eine absolute Minderzahl von Grundleistungen zu den sogenannten zentralen Leistungen gehören soll, und diese zudem noch umstritten sind. Darüber hinaus entspricht die Lehre von den zentralen Grundleistungen gerade nicht den Regelungen des BGB. Wenn ein Bauwerk mangelfrei und innerhalb des Kostenrahmens entstanden ist, ist letztlich nicht einzusehen, weshalb das Honorar gekürzt werden sollte, nur weil einzelne Kostenermittlungen nicht durchgeführt wurden. Der geschuldete Erfolg trat ja schließlich ein.