OLG Köln, Urteil vom 14.11.2008, 19 U 54/08
Im vorliegenden Fall hatte der Auftragnehmer die Ausführung eines Nachtrags von dem Anerkenntnis der Nachtragsver-gütung abhängig gemacht. Eine Einigung über die Nachtragshöhe kam nicht zustande, so dass der Auftraggeber den Nachtrag dem Grunde nach erteilte, im übrigen nur eine Abschlagszahlung anbot. Dies lehnte der Auftragnehmer ab und wies auf ein ihm zustehendes Leistungsverweigerungsrecht hin.
Der Auftraggeber forderte den Auftragnehmer daraufhin auf, bis zum 30.01.2002 seine Leistungsbereitschaft zu erklären. Am 31.01.2002, d. h. nach Ablauf dieser Frist, legte der Auftragnehmer ein neues Nachtragsangebot vor. Der Auftragge-ber reagierte hierauf insofern mit Schreiben vom 01.02.2002, dass er dieses Angebot prüfen wolle und kurzfristig hierzu eine Stellungnahme abgebe. Am 04.03.2002 sprach der Auftraggeber schließlich die Kündigung aus.
Der Auftragnehmer machte die volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen geltend, weil aus seiner Sicht die Kündigung als freie Kündigung und nicht als Kündigung aus wichtigem Grund zu betrachten sei.
Das OLG Köln gab dem Auftragnehmer Recht.
Zunächst wies das Gericht jedoch darauf hin, dass ein Leistungsverweigerungsrecht für den Auftragnehmer nicht be-standen habe. Wenn der Auftraggeber die Ausführung einer geänderten oder zusätzlichen Leistung dem Grunde nach anordnet, kann der Auftragnehmer die Erbringung seiner Leistung nicht von einer Einigung über die Höhe zu der zahlen-den Mehrvergütung abhängig machen. Denn nach § 2 Nr. 5 bzw. Nr. 6 VOB/B sei die vorherige Vereinbarung einer Ver-gütung nicht erforderlich. Daher hätte die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ein vertragswidriges Verhalten dargestellt. Im vorliegenden Fall hat der Auftragnehmer das Zurückbehaltungsrecht aber nicht geltend gemacht, sondern nur auf ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht hingewiesen. Hier besteht ein wesentlicher Unterschied.
Das Gericht hat ferner ausgeführt, dass der Auftraggeber zur Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grunde berechtigt ist, wenn der Auftragnehmer unter Androhung der Kündigung dazu aufgefordert wird, innerhalb der gesetzten Frist seine Leistungsbereitschaft zu erklären und innerhalb dieser gesetzten Frist eine entsprechende Erklärung des Auftragneh-mers nicht eingeht.
Im vorliegenden Fall scheitert die Kündigung aus wichtigem Grund jedoch daran, dass sich der Auftraggeber nachträg-lich auf neue Verhandlungen eingelassen hat. Dies wurde durch den Auftraggeber dadurch dokumentiert, dass er auf das – wenn auch nach Fristablauf – eingegangene neue Nachtragsangebot dahingehend reagiert hat, dass er ausdrück-lich erklärt hat, er werde dies prüfen und hierzu eine Stellungnahme abgeben. Damit durfte der Auftragnehmer davon ausgehen, dass weitere Verhandlungen zwischen den Parteien schweben und dass an der gesetzten Frist nicht fest-gehalten werde. Durch ihr Verhalten habe die Auftraggeberin Anlass zu der Annahme gegeben, dass sie von dem Kün-digungsrecht keinen Gebrauch machen würde, sondern zunächst eine Prüfung des Vertrages vornehmen würde. Aus diesem Grunde habe der Auftragnehmer zurecht angenommen, dass seine Lieferverpflichtung fortbestehe und konnte zurecht davon ausgehen, dass auch der Auftraggeber hieran festhalten werde. Ein wichtiger Grund für die Kündigung liege daher nicht vor, so dass die ausgesprochene Kündigung eine freie Kündigung sei mit der Folge, dass der Auftrag-nehmer die volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen abrechnen könne.