Nicht immer Unbeachtlichkeit eines Kalkulationsirrtums 

OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2016, Aktenzeichen 21 U 100/15

Sachverhalt: 

Die Parteien schlossen miteinander einen Werkvertrag über Pflasterarbeiten und Bordsteinarbeiten. Als der Auftragnehmer die Schlussrechnung erstellt stellt er fest, dass er sich bei der Kalkulation erheblich geirrt hatte. Er hatte diese Leistungen für einen Betrag von 18.000,00 € angeboten, hatte aber bereits Eigenkosten in Höhe von 77.000,00 €. Er rechnet daher die entsprechenden Mehrkosten gegenüber dem Auftraggeber ab, welcher einwendet, der Kalkulationsirrtum stelle nur einen Motivirrtum dar und sei daher unbeachtlich. Der Auftragnehmer ist der Auffassung, dass der Auftraggeber diesen Fehler hätte erkennen müssen und daher den Auftragnehmer an den Preis nicht festhalten könne.

Entscheidung: 

Das Gericht wies die Klage ab. Grundsätzlich stelle ein Kalkulationsirrtum einen unbeachtlichen Motivirrtum dar, es sei denn, der Auftraggeber hätte dies erkannt oder treuwidrig nicht erkannt. In diesem Fall könne eine Berufung auf die vereinbarten Preise eine unzulässige Rechtsausübung darstellen.

Voraussetzung sei jedoch, dass dieser Kalkulationsirrtum den Auftragnehmer in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt und für ihn die Ausführung schlechterdings unzumutbar ist. Auch auf diese wirtschaftlichen Konsequenzen müsse sich die Kenntnis des Auftraggebers erstrecken.

Hinweis: 

Die Entscheidung steht aus unserer Sicht im Widerspruch zu einer Entscheidung des BGH vom 11.11.2014, Aktenzeichen X ZR 32/14. Der BGH hatte sich in dieser Entscheidung mit der gleichen Thematik auseinandergesetzt. In dieser Entscheidung hat der BGH kein Kriterium dafür angeführt, dass Kenntnis des Auftraggebers von den wirtschaftlichen nachteiligen Konsequenzen zu Lasten des Auftragnehmers vorliegen müsse. Der BGH hat auch in dieser Entscheidung nicht mehr zur Grundlage gemacht, dass der Auftragnehmer in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten gelangen muss. Vielmehr ergibt sich aus dem Leitsatz dieser Entscheidung, dass die Schwelle zu einem Pflichtenverstoß durch den Auftraggeber bei einer Auftragsvergabe schon dann vorliegt, wenn dem Auftragnehmer bei wirtschaftlicher Betrachtung schlechterdings die Durchführung des Auftrags zu dem irrekalkulierten Preis nicht mehr zumutbar ist, weil für die Leistung keine auch nur annähernd äquivalente Gegenleistung erfolgt.