Stoffpreisklausel
OLG Naumburg, Urteil vom 12.11.2010, AZ: 6 U 69/10

Im vorliegenden Fall beauftragte die Auftraggeberin den Auftragnehmer mit der Errichtung einer Schleuse. Der Vertrag enthielt eine Stoffpreisklausel für Spundwandstahl. Dies bedeutet, dass der Stahl abgerechnet werden sollte nach dem Preis, der zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung galt. Um den Preis zu bestimmen wurde verwiesen auf den Index für schwere Profile mit der GP-Nummer 2710024402.

Ab dem Jahr 2004 hat das statistische Bundesamt noch einen Index für Spundstahl geführt. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen legte nach Wegfall dieses Indexes fest, dass anstelle dieses Indexes für Spundstahlwände nunmehr der Index für schwere Profile, Breitflanschträger aus unlegiertem Stahl mit der GP-Nummer 2710024402 heran zu ziehen sei.

Tatsächlich hat sich ergeben, dass bei Einbau der im vorgenannten Index enthaltene Preis sank, während der tatsächliche Preis für Spundstahl stieg, die Werte also in der Theorie und Praxis erheblich auseinander fielen.

Der Auftragnehmer hat auf Basis der tatsächlichen Kosten abgerechnet. Das OLG Naumburg gab dem Auftragnehmer Recht. Das Gericht ging dabei davon aus, dass die Parteien die Stoffpreisgleitklausel als Preisbestimmungsklausel zugrunde legen wollten. Dabei konnten sie nicht davon ausgehen, dass die Werte des Index und die tatsächlichen Kosten massiv auseinander fielen, was unter anderem darauf zurück zu führen ist, dass es praktisch nur noch zwei Hersteller von Spundwandstahl gab. Der Index habe sich daher letztlich als ungeeignet erwiesen, wodurch eine nicht geregelte Lücke im Vertrag entstand, die der Auslegung zugänglich ist. Das Gericht ist daher davon ausgegangen, dass die Parteien dann, wenn sie diese Entwicklung vorher gesehen hätten, den Preis an die tatsächliche Preisentwicklung und nicht an den vorgenannten Index geknüpft hätten.

Gerade beim öffentlichen Auftrag sind derartige Stoffpreisklauseln häufig in den Verträgen enthalten. Dies gilt nicht nur für Spundstahl, sondern auch für andere Produkte. Dies bedeutet, dass diese Entscheidung nicht nur für diesen Fachbereich, sondern auch für andere Fachbereiche von wesentlicher Bedeutung sein wird. Insbesondere sind zu Zeiten der Wirtschaftskrise die tatsächlichen Kosten und die Indexwerte durchaus erheblich in ihrer Entwicklung voneinander abgewichen, was zur Unwirksamkeit dieser Preisbestimmungsklausel führen kann, wenn es sich um eine sogenannte Preisnebenbestimmung handelt, oder aber zu einer Vertragslücke, wenn es sich um eine Preisbestimmungsklausel handelt. Diese Differenzierung ist allerdings nur akademischer Natur, weil auf jeden Fall eine Auslegung des Vertrages zu erfolgen hat, die das OLG Naumburg in der oben dargestellten Art und Weise entschieden hat.