BGH, Urteil vom 29.01.2008, XI ZR 160/07
In einer Vielzahl von Entscheidungen wurde in der Rechtsprechung diskutiert, wann die Forderung aus einer Bürgschaft fällig wird und verjährt. Dieses Problem ist aus der, seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetztes, abge-kürzten Verjährungsfrist von Bedeutung. Denn hiernach verjähren Ansprüche nach Ablauf des 3. Jahres ab Kenntnis darüber, dass der Anspruch besteht, längstens nach Ablauf von 10 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt jedoch frühes-tens mit Fälligkeit einer Forderung zu laufen. Demnach war strittig, ob eine Forderung aus einer Bürgschaft erst mit In-anspruchnahme der Bürgschaft fällig wird und die Verjährungsfrist erst demnach ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt oder schon zu einem früheren Zeitpunkt. Diese strittige Frage ist nunmehr geklärt durch die genannte Entscheidung des BGH. Hiernach tritt die Fälligkeit des Anspruchs gegen den Bürgen einer selbstschuldnerischen Bürgschaft dann ein, sobald die Fälligkeit der gesicherten Hauptschuld eintritt. Auf eine Zahlungsanforderung durch den Gläubiger gegenüber dem Bürgen kommt es nicht an.
Konsequenzen hat dies insbesondere bei den Gewährleistungsbürgschaften. Besteht eine fünfjährige Verjährungsfrist bezüglich Mängeln, tritt ein Mangel jedoch bereits im 1. Vertragsjahr auf und fordert der Bauherr den Bauunternehmer zur Mängelbeseitigung auf und macht Schadenersatz geltend, so verjähren diese Schadenersatzansprüche gegen den Bauunternehmer erst nach Ablauf der regulären Gewährleistungsfrist, d. h. nach Ablauf von 5 Jahren ab Abnahme. Die Ansprüche gegen den Bürgen verjähren jedoch früher. Denn die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs ist im 1. Vertragsjahr aufgetreten, womit eine dreijährige Verjährung zu laufen beginnt, die am Ende des 3. Jahres ab Fälligkeit des Zahlungs-anspruchs endet.
Beispiel:
Die Abnahme eines Bauwerks erfolgt am 01.08.2003.
Der Mangel wird erkannt am 01.10.2003. Die Gewährleistungsfrist gegen den Bauunternehmer endet am 31.07.2008 (5 Jahre nach Abnahme). Der Bauherr setzt dem Bauunternehmer am 10.10.2003 eine Frist zum 15.11.2003 zur Beseiti-gung der Mängel (Frist zur Nacherfüllung). Im November 2003 macht der Bauherr gegen den Bauunternehmer Scha-denersatzansprüche geltend. Mit Entstehung dieser Schadenersatzansprüche (Zahlungsansprüche) wird auch der An-spruch gegen den Bürgen fällig, da auch die gesicherte Hauptforderung fällig wurde.
Der Zahlungsanspruch gegen den Bauunternehmer verjährt nun im Rahmen der allgemeinen Gewährleistungsfrist zum 31.07.2008. Der Anspruch gegen den Bürgen unterliegt jedoch der verkürzten Verjährung von 3 Jahren, die, da die Bürgschaftsforderung im Jahre 2003 fällig wurde, am Ende des 3. hierauf folgenden Jahres, also zum 31.12.2006, ver-jähren würde. Der Anspruch aus der Bürgschaft kann daher vor Ablauf der regulären Gewährleistungsfrist verjähren.